11.5.06
EU kritische Aussagen.
Spiegel Interview mit Vaclav Klaus, Präsident der Tschechischen Republik, 13.3.2006.
Ausgewählte Zitate:
Herr Präsident, Sie sind einer der schärfsten Euro-Kritiker. Sie halten die Europäische Union für ein dirigistisches, bürokratisches Gebilde – kurzum: für ein undemokratisches Monstrum.
Die Verfassung war gedacht, um einen Sprung im Einigungsprozess zu machen. Er ist gescheitert. Anhänger eines vereinigten Europa waren in den ersten Tagen danach erschrocken und wie gelähmt. Dann aber haben sie schnell verstanden, dass sie ihre ursprünglichen Ziele und Absichten weiter verfolgen können, auch ohne Verfassung. Jeden Tag kommen nun weitere neue Gesetze, neue Initiativen, neue Richtlinien aus Brüssel, die uns in Richtung Vereinheitlichung drängen.
Welches Signal aus Brüssel hat Sie denn in letzter Zeit besonders gestört?
Es geht nicht um eine einzelne Entscheidung, die besonders gefährlich wäre. Es sind hunderte von Beschlüssen, die uns jeden Tag aus der EU-Zentrale erreichen. Für besonders bedenklich halte ich zum Beispiel das Gerede über eine mögliche Steuerharmonisierung in Europa oder die ausgebremste Liberalisierung bei den grenzüberschreitenden Dienstleistungen.-
Das ist Kommunismus in Reinkultur – wie zu Breschnews Zeiten. Damals waren die Menschen ebenfalls dazu verurteilt, aus der Zeitung zu erfahren, was die da oben an der Spitze für sie beschlossen hatten. Ich erinnere mich noch sehr gut an dieses Gefühl der Ohnmacht.
Was zeichnet denn einen Euro-Naiven aus?
Das ist nicht nur einer, der passiv und unkritisch alles, was aus Brüssel kommt, gutheißt. Euro-Naive sind auch jene Leute, die diesen schleichenden Vereinheitlichungsprozess vorantreiben, im Europa-Parlament, in der Brüsseler Bürokratie, in der Kommission. Kaum jemand, der nicht professionell mit Politik zu tun hat, kennt die Namen der EU-Kommissare oder etwa den des EU-Parlamentspräsidenten. Aber diese Leute erlangen immer mehr Gewicht, während die Bedeutung der nationalen Parlamente immer weiter abnimmt.
Ihre Fundamentalkritik steht in merkwürdigem Kontrast zur hohen Anziehungskraft, die die EU in den letzten 15 Jahren auf viele Menschen gerade in Osteuropa ausübte. Hat die Europäische Union denn nicht gerade dort die Demokratie vorangebracht?
Nein, die EU hat unsere Demokratie um keinen Millimeter vorangebracht.
Aber hat die EU nicht Prozesse angestoßen, die sonst nicht so schnell in Gang gekommen wären? Zum Beispiel die Herausbildung eines neuen Rechtssystems? Die Kandidatenländer Bulgarien oder Rumänien tun jetzt alles, um mit einer Polizei- und Justizreform EU-Standards zu genügen.
Die Bulgaren und Rumänen sind schon von sich aus an einer normalen, freien, demokratischen Gesellschaft interessiert. Sie brauchen dazu keine Berater. Wir haben unsere Demokratie für uns selbst entwickelt – und nicht für die blauen Augen von irgendjemandem in Brüssel.
Sie sind gegen soziale Mindeststandards in Europa, gegen eine gemeinsame Steuerpolitik. Wäre eine gemeinsame Außenpolitik für sie genauso abwegig?
Eine gemeinsame Außenpolitik ist für mich völlig unnötig. Die verschiedenen europäischen Länder haben ganz unterschiedliche Prioritäten, Ziele, Vorurteile. Es wäre falsch, sie alle auf einen gemeinsamen Kurs zu drängen. Sehen Sie sich doch das Ergebnis der Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden an. Beide Länder haben die Verfassung aus ganz unterschiedlichen Motiven abgelehnt. Und das ist in Ordnung. Es kann doch nicht jemand kommen und uns zwingen, eine einheitliche Hemdgröße zu kaufen – obwohl der eine Kragenweite 39 braucht und der anderen 41.
>>ganzen Artikel lesen.
13.3.2006 - Interview des Präsidenten der Tschechischen Republik für die Wochenzeitschrift Der Spiegel.
http://www.klaus.cz/klaus2/asp/clanek.asp?id=2fRNkF0oHfkq
Ausgewählte Zitate:
Herr Präsident, Sie sind einer der schärfsten Euro-Kritiker. Sie halten die Europäische Union für ein dirigistisches, bürokratisches Gebilde – kurzum: für ein undemokratisches Monstrum.
Die Verfassung war gedacht, um einen Sprung im Einigungsprozess zu machen. Er ist gescheitert. Anhänger eines vereinigten Europa waren in den ersten Tagen danach erschrocken und wie gelähmt. Dann aber haben sie schnell verstanden, dass sie ihre ursprünglichen Ziele und Absichten weiter verfolgen können, auch ohne Verfassung. Jeden Tag kommen nun weitere neue Gesetze, neue Initiativen, neue Richtlinien aus Brüssel, die uns in Richtung Vereinheitlichung drängen.
Welches Signal aus Brüssel hat Sie denn in letzter Zeit besonders gestört?
Es geht nicht um eine einzelne Entscheidung, die besonders gefährlich wäre. Es sind hunderte von Beschlüssen, die uns jeden Tag aus der EU-Zentrale erreichen. Für besonders bedenklich halte ich zum Beispiel das Gerede über eine mögliche Steuerharmonisierung in Europa oder die ausgebremste Liberalisierung bei den grenzüberschreitenden Dienstleistungen.-
Das ist Kommunismus in Reinkultur – wie zu Breschnews Zeiten. Damals waren die Menschen ebenfalls dazu verurteilt, aus der Zeitung zu erfahren, was die da oben an der Spitze für sie beschlossen hatten. Ich erinnere mich noch sehr gut an dieses Gefühl der Ohnmacht.
Was zeichnet denn einen Euro-Naiven aus?
Das ist nicht nur einer, der passiv und unkritisch alles, was aus Brüssel kommt, gutheißt. Euro-Naive sind auch jene Leute, die diesen schleichenden Vereinheitlichungsprozess vorantreiben, im Europa-Parlament, in der Brüsseler Bürokratie, in der Kommission. Kaum jemand, der nicht professionell mit Politik zu tun hat, kennt die Namen der EU-Kommissare oder etwa den des EU-Parlamentspräsidenten. Aber diese Leute erlangen immer mehr Gewicht, während die Bedeutung der nationalen Parlamente immer weiter abnimmt.
Ihre Fundamentalkritik steht in merkwürdigem Kontrast zur hohen Anziehungskraft, die die EU in den letzten 15 Jahren auf viele Menschen gerade in Osteuropa ausübte. Hat die Europäische Union denn nicht gerade dort die Demokratie vorangebracht?
Nein, die EU hat unsere Demokratie um keinen Millimeter vorangebracht.
Aber hat die EU nicht Prozesse angestoßen, die sonst nicht so schnell in Gang gekommen wären? Zum Beispiel die Herausbildung eines neuen Rechtssystems? Die Kandidatenländer Bulgarien oder Rumänien tun jetzt alles, um mit einer Polizei- und Justizreform EU-Standards zu genügen.
Die Bulgaren und Rumänen sind schon von sich aus an einer normalen, freien, demokratischen Gesellschaft interessiert. Sie brauchen dazu keine Berater. Wir haben unsere Demokratie für uns selbst entwickelt – und nicht für die blauen Augen von irgendjemandem in Brüssel.
Sie sind gegen soziale Mindeststandards in Europa, gegen eine gemeinsame Steuerpolitik. Wäre eine gemeinsame Außenpolitik für sie genauso abwegig?
Eine gemeinsame Außenpolitik ist für mich völlig unnötig. Die verschiedenen europäischen Länder haben ganz unterschiedliche Prioritäten, Ziele, Vorurteile. Es wäre falsch, sie alle auf einen gemeinsamen Kurs zu drängen. Sehen Sie sich doch das Ergebnis der Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden an. Beide Länder haben die Verfassung aus ganz unterschiedlichen Motiven abgelehnt. Und das ist in Ordnung. Es kann doch nicht jemand kommen und uns zwingen, eine einheitliche Hemdgröße zu kaufen – obwohl der eine Kragenweite 39 braucht und der anderen 41.
>>ganzen Artikel lesen.
13.3.2006 - Interview des Präsidenten der Tschechischen Republik für die Wochenzeitschrift Der Spiegel.
http://www.klaus.cz/klaus2/asp/clanek.asp?id=2fRNkF0oHfkq